Mittwoch, 12. Juli 2017

Europameisterin im Ironman



Ich bin einfach nur sprachlos - mir fehlen noch immer die Worte! Letzten Sonntag am 9.7.2017 konnte ich mir den Europameistertitel bei den Ironman European Championships Frankfurt in meiner Altersklasse sichern und darf mich ab sofort Europameisterin im Ironman nennen. Mit einer Gesamtzeit von 9:44:57 wurde ich in dem wirklich stark besetzten internationalen Profi- und Amateurfeld 15te bzw. rannte als 9te Europäerin über die Finishline. Für das 3,8km lange Schwimmen im Langener Waldsee benötigte ich 1:04:10, 4:53 brauchte ich durch die sehr lange Wechselzone 1, mit 4:52:57 knallte ich über 180km die schnellste Radzeit der Amateurinnen auf den Asphalt, bevor es nach einer sehr schnellen Wechselzeit von 1:20 auf die 42,2 km lange Laufstrecke über 4 Runden ging. Bei 32 Grad Lufttemperatur spulte ich den Marathon in 3:41:40 herunter, was die Gesamtzeit von 9:44:57 ergibt.
Nach langem hin und her, sehr verunsichert und nicht wissend wie es mir bei diesem Ironmanrennen ergehen wird, setzte ich mich schlussendlich am Freitag in der Früh in das Flugzeug nach Frankfurt. Das letzte Monat der Vorbereitungen verlief alles andere als optimal. Nach dem Altstadtlauf am Donnerstag. den 8.Juni, der mir schon nicht ganz leicht von der Hand gegangen ist und einem härteren Radtraining am Freitag. hat es mich Samstag im wahrsten Sinne des Wortes niedergestreckt. Zu diesem Zeitpunkt hoffte ich, dass es sich nur um einen harmlosen Infekt handelt und ich bis zur Europameisterschaft über die Olympische Distanz, die am 17.Juni stattgefunden hat, wieder fit bin. Leider war der Infekt richtig hartnäckig und ich hatte immer wieder hohe Fieberschübe, sodass ich schweren Herzens die EM in Kitzbühel absagen musste. Die darauffolgende Woche war die reinste Hölle für mich, da ich so starke Kopfschmerzen hatte und an ein normales Training nicht zu denken war. Am darauffolgenden Wochenende konnte ich ein wenig locker radeln und schwimmen – aber das war es dann auch schon. Erst in der Vorwettkampfwoche fühlte ich mich ein wenig besser und versuchte am Dienstag mit einem etwas zügigeren Lauf meinen Körper wieder ein wenig zu belasten – womit ich kläglich scheiterte. Ich konnte kein gescheites Tempo laufen und musste den Tempolauf nach wenigen Kilometern abbrechen. Das Resultat der Trainingseinheit war, dass ich mich am Mittwoch vor lauter Muskelkater fast nicht mehr bewegen konnte. Also musste Plan B ausgepackt werden. Achim plante nochmals den „Notfallplan“ um und ich verbrachte den Rest der Woche mehr oder weniger am Rad, was von Tag zu Tag immer besser funktionierte und ich schön langsam wieder etwas höhere Belastungen zu vertragen begann. Am Samstag, 8 Tage vor dem Wettkampf, wagte ich es noch einmal in die Laufschuhe. Im Rahmen einer Koppeleinheit versuchte ich, ob ich mich bei Laufen belasten kann – und es funktionierte. Es war zwar nicht möglich die Pace von vor vier Wochen zu laufen – aber ich war immerhin in der Lage so halbwegs zu laufen, ohne dass meine Muskeln bzw. Körper streikten. Nach der Koppeleinheit am Samstag, folgte noch eine lange Radausfahrt am Sonntag mit einem anschließenden lockeren Lauf über 45 Minuten. Als ich diese Einheit auch gut verkraftet hatte – war klar, dass ich auf jeden Fall nach Frankfurt fliege und mich mit dem Motto „die Hoffnung stirbt zuletzt“ an die Startlinie stellen werde. Eines war mir ganz klar – diese langwierige Infektion hat sehr viel Substanz gekostet und ich konnte bei diesem wichtigen Rennen nur riskieren, alles auf eine Karte setzten und hoffen, dass ich das Rennen irgendwie unter die Top 3 ins Ziel bekomme, denn nur so hätte ich eine realistische Chance auf ein Hawaii Ticket.

Anreise und Wettkampfvorbereitung
Die Anreise nach Frankfurt war perfekt. Von Graz flogen wir am Freitag in der Früh nach Frankfurt. Vom Flughafen ging es mit S-Bahn in Stadt, wo wir nur wenige Meter von der Wechselzone 2 und dem Zieleinlauf ein wirklich super Hotel gebucht hatten. Nachdem wir unsere Sachen im Hotel abgeben hatten- ging es zur Registrierung, wo ich meine Startunterlagen abholte. Freitagnachmittag machte ich einen sehr kurzen und lockeren Lauf bevor ich den Rest des Tages die Beine hochlagerte. Der Samstag startete mit einem sehr ausgiebigen und leckeren Frühstück. Am Vormittag hüpfte ich noch einmal für 30 Minuten in meine Laufpatschen. Am Nachmittag ging es dann zum Langener Waldsee, wo sich die erste Wechselzone befand.
Ich checkte Walpurga ein und stellte sie auf ihren Platz. Die Wechselzone war richtig riesig und ich brauchte einige Zeit um mir die ganzen Wege einzuprägen. Nach dem Check-in ging es weiter wieder zurück in Hotel zum Relaxen. 
Renntag
Um 3.15 Uhr hüpfte ich top motiviert aus den Federn. Nach meinem obligatorischen Wettkampftag-Frühstück, das aus selbstgebackenem Carbocake und Kaffee bestand, machten wir uns auf den Weg zum Schwimmstart. Die Stimmung am Langener Waldsee war einfach großartig. In der Wechselzone pumpte ich nochmal Walpurgas Patschen auf, bestückte sie mit meiner Wettkampfernährung, streichelte sie noch einmal und machte mich dann auf den Weg zum Schwimmstart. Die Wassertemperatur betrug 24,2 Grad, was für uns Agegrouper bedeutete, dass mit Neoprenanzug geschwommen werden konnte (ein Neoprenverbot gilt ab 24,5 Grad). Ich war über diese Nachricht nicht sehr erfreut, da ich einfach ohne Neo viel lieber schwimme. Nichts desto trotz hüpfte ich ca. 20 Minuten vor dem Start in meinen Neo und ordnete mich für den Rollingstart in der Box für Schwimmzeiten 1.00-1.10 ein, was sich im Nachhinein herausstellte, ein Fehler war. Der Startschuss für Profis erfolgte um 6.30. Für uns Agegrouper ging es ab 6:40 los. Vorteil des Rollingstartes ist, dass die Zeit erst zu laufen beginnt wenn man über die Startmatte läuft. Ich startete um 7:47 Uhr relativ weit vorne aus der Startbox für Schwimmzeiten zwischen 1:00-1:10. Ich ging das Schwimmen eher vorsichtig an. Trotzdem überholte ich die ganze Zeit Athleten und musste die ganze Zeit zick  zack schwimmen, was ohne Zweifel einiges an Zeit gekostet hat. Leider habe ich mich zu weit hinten positioniert, sodass auf den ersten 1,5 Kilometern ein flüssiges schwimmen irgendwie nicht möglich war. Nach dem Landausstieg, auf der zweiten Schwimmschleife funktionierte das Schwimmen dann ein wenig besser, da ich anscheinend alle langsameren endlich überholt hatte und endlich gerade Schwimmen konnte. Nach 1:04:10 stieg ich aus den Fluten.
Ich wusste, dass die Schwimmleistung keine herausragende war, war aber recht optimistisch, da ich mich richtig gut fühlte und schon aufs radeln freute. In der Wechselzone schnappte ich Walpurga und machte mich auf den Weg über die 180 Kilometer. Die ersten 20 Kilometer der Radstrecke waren „brettl eben“ was mir natürlich voll liegt. Von Anfang an konnte ich am Rad Druck machen und sammelte eine Athletin nach der anderen ein.

Nach 20 Kilometern - die erste Schrecksekunde. Obwohl ich meine Werkzeugflasche am hinteren Flaschenhalter festgepickt habe, ist sie in einer Passage wo der Asphalt wirklich schlecht war und ich noch dazu ein gescheites Schlagloch erwischte, im hohen Bogen geflogen – und weg war sie. Ab diesem Moment betete ich nur noch, dass ich ja keinen Platten habe, denn ohne Pannenspray hätte das, das Aus bedeutet. Die erste Radrunde hab ich super heruntergebogen und Gerhard hat mir zugerufen dass ich schon 10 Minuten Vorsprung auf die Zweite hatte. Das hat mich natürlich enorm motiviert und ich bin über die zweite Runde förmlich geflogen. 
Mit 4:52:52, was einem 36,5km/h Schnitt entspricht, knallte ich einen richtig guten Radsplit hin und wechselte mit 20 Minuten Vorsprung zum Laufen. 20 Minuten klingt sehr viel, aber bei einem Ironman können 20 Minuten Vorsprung beim Laufen auch sehr schnell weg sein. Die Laufstrecke führte über 4 Runden entlang des Mainufers, vorbei an der berühmten Skyline von Frankfurt. Auf der gesamten Laufstrecke waren tausende von Zuschauer, die einfach eine grandiose Stimmung verbreiteten und uns Athleten richtig puschten. Es gab wirklich keinen Meter, wo keine Zuschauer waren. Mein Ziel war es einen Marathon um 3:30:00 zu laufen, was eine Pace von 5:00 pro Kilometer bedeutete. Trotz des harten Radfahrens fühlten sich meine Beine am Anfang ganz gut an und ich konnte die ersten 10 Kilometer auch die angestrebte Pace laufen. 
Das Ganze ging bis ca. Kilometer 15 gut. Ab Kilometer 15 merkte ich dann, dass mir die Laufkilometer in den letzten Wochen fehlten und die Pace fiel auf 5:15 pro Kilometer ab. Bei der Halbmarathonmarke rief mir Gerhard zu, dass meine Verfolgerinnen auch nicht viel schneller laufen als ich und der Vorsprung nach wie vor rund 20 Minuten beträgt. 
Ab diesem Zeitpunkt wusste ich, dass wenn ich die zweite Hälfte des Marathon irgendwie unter 2 Stunden runterspule, ich mir den Europameistertitel holen kann. Kilometer um Kilometer spulte ich herunter und wurde dabei leider immer langsamer. Die Pace betrug nur mehr 5:30 pro Kilometer und meine Beine schmerzten so richtig. Um nichts zu riskieren, blieb ich bei fast jeder Labestation stehen, um mich runter zu kühlen, zu essen und zu trinken. Die Hitze am Nachmittag war mit 32 Grad doch sehr unangenehm und so richtig Spaß machte das Laufen nicht mehr.
Als ich die dritte von vier Laufrunden heruntergebogen hatte, hoffte ich nur noch, dass ich die letzte Runde irgendwie überlebe. Ein Blick auf die Uhr motivierte mich für die letzten Kilometer, da ich realisierte, dass ich eine Sub 10 Stunden Zeit locker schaffen kann. Also biss ich noch einmal die Zähne zusammen und versuchte nicht langsamer zu werden. Kilometer um Kilometer verging und plötzlich war ich auf der Finishline. Es war einfach unbeschreiblich. Ich wusste, dass ich den Europameistertitel in meiner Agegroup erkämpft hatte und konnte den Zieleinlauf so richtig genießen.
Ich war richtig fassungslos und konnte es gar nicht glauben, dass ich es nach dieser verpatzten Vorbereitung geschafft hatte Europameisterin zu werden und damit erneut die Qualifikation für Hawaii geschafft habe. Ich bin wirklich froh, dass ich mich an den Start gewagt habe, denn ehrlich gesagt, mit einer solchen Leistung hätte ich nach den letzten 4 Wochen nicht gerechnet.

Danke für die vielen Gratulationen und alle die sich mit mir so mitgefreut haben, insbesondere meine Vereinskollegen vom Schwimm Aktiv Club und von der LG Südkärnten. Besonderer Dank gilt natürlich an Gerhard der mich wieder perfekt vor, während und nach dem Rennen unterstützt hat, sowie an meinen Trainer Achim, der mich bis zum Rennen wieder genau hinbekommen hat – obwohl wir beide es noch 10 Tage vor dem Rennen für eher unmöglich gehalten haben –dass ich überhaupt starten werden können.
Für mich heißt es jetzt einmal regenerieren bevor das Training für Hawaii startet.