Eigentlich habe ich mir nach dem Ironman in Klagenfurt geschworen
heuer keinen großen und langen Wettkampf mehr zu absolvieren und habe somit auch
den Hawaiislot nicht angenommen. Es waren genau drei Tage, die ich ohne
weiteres Saisonziel ausgehalten habe, bis mich der Ehrgeiz wieder gepackt hat
und ich mich kurzerhand entschlossen habe bei der Halfironmaneuropameisterschaft
in Wiesbaden zu starten. Als ich dem Trainer meinen Plan mitteilte, war er von
der Idee nicht unbedingt Begeistert. Nur 6 Wochen nach dem sehr harten Ironman wieder eine
Topleistung abzurufen wird ein sehr schwierige Angelegenheit und er könnte
mir nicht versprechen dass das Rennen gut geht – aber versuchen können wir es
- das waren seine Worte. Also machten wir uns an die Arbeit. Das Training war
hart, hat sehr oft sehr weh getan und der Ironman hat mir sehr viel mehr
zugesetzt als mir lieb war. Die 6 Wochen waren im wahrsten Sinne des Wortes ein
Wechselbad der Gefühle. Einmal ist was gegangen und ich habe wieder meine
Leistungen abrufen können, dann habe ich mich wieder richtig miserabel Gefühlt
und hab keinen Druck am Pedal gehabt, bin beim Schwimmen dahingetümpelt wie
eine Stockente und beim Laufen habe ich
teilweise gedacht dass ich mich wie eine Schildkröte fortbewege. Aber aufgeben
wollte ich nicht und so habe ich mich am Freitag auf den Weg nach Wiesbaden gemacht
– ohne zu Ahnen was mir da gelingen wird. Der Samstag stand ganz im Zeichen der
Streckenbesichtigung die mir das Fürchten gelehrt hat. Die Radstrecke ist auf
den ersten 40 Kilometer sehr verwinkelt mit schweren Abfahrten , sehr vielen
Kreisverkehren und Abzweigungen. Flache Passagen findet man keine – was ich
aber aufgrund der angegebenen Höhenmetern von 1500 auf den 90 Kilometern schon gewusst habe. Die Anstiege präsentierten
sich teilweise ganz schön knackig – was mich aber eigentlich positiv stimmte,
da ich heuer am Berg doch ganz gut drauf bin. Nach der Streckenbesichtigung ging
es zum einchecken. Ich parkte Zenzi auf ihren Stellplatz, streichelte sie noch
einmal und machte mich dann wieder zurück auf den Weg ins Hotel. Am Abend gab
es noch die obligatorischen Spagetti mit Tomatensauce und zwei leckere Hefeweizen - natürlich bleifrei und dann ging es auch
schon ab ins Bett um für meine erste Europameisterschaft gut ausgeschlafen zu
sein. Um 4:45 bimmelte der Wecker und ich sprang top motiviert aus den Federn.
Das Wetter präsentierte sich von seiner perfekten Seite, Sonnenschein und für Mittag
waren 25 Grad prognostiziert. Nach einem leckeren Carbocakefrühstück, richtete
ich meine Wettkampfnahrung zusammen und packte meine letzten Utensilien für das
Rennen. Gegen 6 Uhr machte ich mich auf den Weg in die Wechselzone. Zenzi wurde
mit den Flaschen bestückt, die neuen HED Hufe wurden mit reichlich Luft gefüllt
und dann musste ich mich schon auf den Weg zum Schwimmstart machen. Ca 20
Minuten vor dem Start habe ich mir meinen Neo übergestreift und begab mich in
den Vorstartbereich. Gemeinsam mit allen Damen und den Männern über 50 startete
ich in der zweiten Startwelle. Die 1,9 km lange Schwimmstrecke im Raunheimer
Waldsee führte in zwei Schleifen mit einem kurzen Landausstieg nach ca. 800
Meter. Ein wenig Respekt hatte ich schon vor dem Schwimmstart da die Welle doch
sehr groß war. Pünktlich um 7.35 fiel der Startschuss und ich machte mich auf
meinen langen und beschwerlichen Weg. Der Schwimmstart verlief ohne gröbere
Rempelein und ich konnte sehr schnell meinen Rhythmus finden. Das Schwimmen war
sehr kurzweilig und nach 30:25 spülte mich der Raunheimer Waldsee an sein Ufer.
Über einen recht steilen Pfad ging es im tiefen Sand in die Wechselzone wo ich
mir meinen Neo vom Körper riss, meine Radschuhe angezogen habe, den Helm
aufsetzte, die Startnummer anlegte und die Sonnenbrille aufsetzte. Im Eiltempo
schnappte ich Zenzi und machte mich auf den Weg über die 90 Kilometer radeln.
Schon beim ersten Anstieg habe ich gemerkt dass ich nicht so wirklich einen
Druck auf das Pedal bekomme und das treten irgendwie nicht so richtig rund lief.
Im Gegensatz zu sonst wo ich sonst immer nur am Überholen bin erging es mir dieses
Mal genau andersrum und ich wurde von einigen Mädels überholt. Ich versuchte
einfach ruhig zu bleiben, das Beste runterzutreten was drinnen war und hab mir
immer nur gedacht dass ich dann wenigsten einen super Halbmarathon drauf laufen
werde. Um so länger die Radstrecke war umso besser ging es und so konnte ich
einige Mädels wieder zurücküberholen. Richtig froh war ich als ich Zenzi in der
Wechselzone abstellen konnte. Es lagen nur noch 21 Kilomter laufen vor mir. Zu
diesen Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung wo ich mich platzierungsmäßig befunden
habe. Rein in meine Laufpatschen machte ich mich auf den Weg – der kein
leichter werden würde. Die Laufstrecke war sehr kuppiert und führte über 4
Runden . Die ersten Kilometer bin ich nicht ins Laufen gekommen. Noch nicht
einmal einen 5er Schnitt bin ich gelaufen. Meine Beine schmerzten und ich hatte
das Gefühl, dass ich Blei in den Oberschenkeln gehabt habe. Mädel um Mädel hat
mich überholt und ich fiel immer weiter zurück.. Nach einem Kilometer erblickte
ich Gerhard der am Streckenrad stand und mich anfeuerte. Ich zeigte ihm dass es
mir nicht gut geht und ich nicht laufen kann – doch er schrie nur dass ich
einfach beissen soll. Nach 4,5 Kilometer blieb ich dann bei Gerhad kurz stehen
und sagte ihm dass ich aufhören will da es keinen Sinn mehr hat da ich keine
Pace Laufen kann. Er hat mich nur angeschrien und mich weitergetrieben dass ich
so wie sonst beissen soll und das Ganze einfach fertig laufen soll. Zu diesen Zeitpunkt
wusste ich noch immer nicht das ich in Führung lag und eigentlich einen guten Zeitpolster
hatte. Weinend und mit einer richtigen Wut im Bauch sagte ich mir dass ich es
noch einmal probiere und rannte erneut an. Ich dachte mir wenigsten irgendwie
die Finishermedailie abholen damit wir nicht ganz umsonst den weiten Weg nach Wiesbaden
gemacht haben und mir kamen immer wieder die Worte von Achim in den Sinn, der
mir im Vorfeld gesagt hat das er mir nicht versprechen kann dass das Rennen ein
gutes wird und es auch in die Hose gehen kann. Das Laufen tat so richtig weh,
doch nach meinem Steher konnte ich plötzlich ein viel schnellere Pace laufen.
Ich rannte die Kilometer fast um eine Minute schneller als in der ersten Runde.
Nach 10 Kilometer rief mir Gerhard zu dass ich 4 Minuten auf die Zweite und 8
Minuten auf die dritte Vorsprung habe und hat mir zugeschrien dass ich einfach
nur Laufen und beißen soll. Da ich aber zu diesen Zeitpunkt sehr schnell
unterwegs war und nicht unbedingt mehr viel registriert habe, hab ich nur 4 und
8 Minuten verstanden und habe entgeltlich gedacht dass ich dritte bin und 4
Mintuen auf den zweiten Platz Rückstand habe. Erst bei der Wende sagte der
Sprecher durch “Here comes Constance Mochar from Asutria and she is leading her
Agegroup“. Bei Kilometer 11 fragte ich dann Gerhard ob ich wirklich vorne bin
und er hat mir bestätigt dass ich mit 4 Minuten führe. Zu diesen Zeitpunkt habe
ich mir dann nur noch gedacht einfach laufen was der Körper hergibt. Es waren
ja nur noch 10 Kilometer. Ich konnte die Pace halten und bin im Schnitt mit
4:10 den Kilometer gelaufen. Jeder Schritt hat richtig weh getan aber das
musste ich halt einfach in Kauf nehmen, da der Europameistertitel zum greifen
nahe war. Kilometer für Kilometer habe ich gebetet dass ich das Ganze ins Ziel
bekomme. Am Beginn der letzten Runde hat mir Gerhard noch zugerufen, dass ich
ja nicht nachlassen darf und auf jeden Fall die Pace halten muss. Ich bin die
letzten fünf Kilometer im wahrsten Sinne des Wortes um mein Leben gelaufen. Ich
hatte wirklich Angst, dass ich noch überholt werde und bin gelaufen als ob ich
was gestohlen hätte. Ich konnte in der letzten Runde noch viele Mädels
überholen. Den letzten Kilometer holte ich wirklich das letzte aus mir raus und
rannte nach 5:13 als neue Europameisterin der Agegroup W35 über die Finishline.
Komplett entkräftet fiel ich im Ziel zusammen und weinte nur mehr. Ich konnte es
nicht fassen dass ich nach einem solchen suboptimalen Wettkampf es geschafft
habe den Titel zu erkämpfen. Nach wenigen Sekunden rappelte ich mich auf und
taumelte zu Gerhard der schon auf mich wartete, fiel ihm in die Arme und weinte
einfach nur. Das Rennen hat mir wieder gezeigt dasss man nie Aufgeben darf und
immer bis zum Schluß kämpfen muss. Danke an alle die mich Unterstützt haben und
mit gefiebert haben. Danke für die vielen Glückwünsche – an diesem Wochenende
ist für mich wieder ein großer Traum in Erfüllung gegangen.
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